Niflheim Tour 2014 – erster Stopp im From Hell Erfurt
07.03.2014
Shade Empire
Ereb Altor
In Vain
Manegarm
Borknagar
Wer hätte das gedacht? Borknagar are back! Satte 15 Jahre nach der letzten Tour sind sie endlich wieder auf Clubbühnen zu sehen. Ich habe schon seit Monaten diesem Auftritt entgegengefiebert, das letzte Mal, daß ich sie Live gesehen habe, war auf dem Wacken ‘98, da war die Archaic Course nicht mal erschienen und ein gewisser Simen Hestnæs der Nachfolger von Garm, von dem kaum jemand was gehört hatte… Und sie würden vier weitere Bands aus dem skandinavischen Raum mit im Gepäck haben.
Das Paket eröffnen die Finnen von SHADE EMPIRE, auf die ich mich auch tierisch gefreut habe – zählt doch ihre aktuelle Scheibe “Omega Arcane” zu meinen Highlights 2013!! Ich kann sie jedem, der mal Black Metal, der die Bezeichnung symphonic wahrlich verdient hat, nur wärmstens ans Herz legen! Auf jeden Fall kommen sie schon um 19:15 Uhr, eine fürs From Hell unsägliche Zeit, auf die Bühne (eine Viertelstunde vor offiziellem Beginn laut Karte gar). Viele Leute haben sich noch nicht eingefunden, aber den Anwesenden gefällt’s. Der Sound ist zu Beginn etwas mau, was bei der Komplexität des Materials auch nicht ganz verwunderlich ist, bessert sich aber im Laufe des Auftritts. Sie eröffnen mit dem genialen Opener “Ruins” der neuen Scheibe. Weitere Höhepunkte sind das extrem komplexe, an Meshuggah gemahnende “Adam & Eve” (mir fiel wortwörtlich die Kinnlade runter), welches Juha Harju mit den Worten “We are Shade Empire from Finland, and we are schizophrenic fucks!” einleitet, und das abschließende “Nomad”, ein perfekter Ausklang. Gefehlt hat mir das göttliche “Disembodiment”, aber 13 Minuten für einen Song sind vielleicht etwas zu viel…
Es folgen EREB ALTOR, die echt aus Quorthon’s Suppenschüsselchen gelöffelt haben. So dermaßen viel Bathory Worship kenne ich sonst nur von Twilight of the Gods. Inklusive eines Sängers, der ähnlich wie Quorthon nicht so wirklich singen kann und diese hohe, irgendwie nervig bohrende Stimme hat… Eigentlich schade, daß der andere Sänger, der eine tiefe, klare Stimme hat, die wirklich exzellent ist, nicht den Hauptpart der Vocals übernimmt – aber dann wäre es ja nicht mehr Bathory, gelle? Für mich klingt die Band auf jeden Fall am Besten, wenn sie wie bei dem famosen “By Honour” vom gleichnamigen Debüt es ganz langsam, majestätisch und doomig angehen lassen.
Kommen wir nun zu den auf dem Tourplakat als “Special Guest” angekündigten IN VAIN, die keineswegs “local support” oder so sind. In der Tradition des skandinavischen Band-Inzests stellt die Instrumentalfraktion von In Vain auch zugleich die Live-Besetzung von Solefald, und der Live-Drummer von In Vain ist Baard Kolstad von Borknagar, der heute Abend also zwei Shows zockt. Mir war die Band bisher noch gar kein Begriff, einige der Anwesenden scheinen aber ganz große Fans zu sein. 😉 Dann schauen wir doch mal, was sie zu bieten haben… Die Musik gemahnt, zumindest so beim ersten Anhören, an finnische Acts wie Barren Earth, Swallow the Sun und Black Sun Aeon, ohne aber ganz deren Klasse zu erreichen (fand ich). Das Vocal-Duett ist auf jeden Fall interessant. Zu “Image of Time” gibt es dann weitere Verstärkung in Form von niemand anderem als Lazare von Solefald/Borknagar (Satanic Cat Content +1!), und dieses Lied sowie das abschließende “Floating on the Murmuring Tide” machen es auch mir, dem Häretiker, klar, wie toll diese Band ist! 😀 (Und jetzt bereue ich es, nicht gleich da und dort ihre komplette Diskographie erstanden zu haben…)
MANEGARM dann sind eine der dienstältesten Viking Metal Bands, und wie Ereb Altor Schweden. Ich muß ja zugeben, so ganz ist die Band nicht mein Geschmack, dazu ist in den meisten Liedern der Schunkelfaktor einfach zu hoch, das geht mir zu sehr in die Pagan/Folk Metal Ecke. Das kann man der Band aber jetzt nicht anlasten, sie machen definitiv einen ordentlichen Job und ein Großteil des Publikums macht kräftig mit! Und wenn sie dann mal brutal voranpreschen wie z. B. in dem Lied “Sons of War”, dann gefallen sie sogar mir. Hinzu kommt, daß der Gitarrist Geburtstag hat und er daher ganz besonders abgefeiert wird.
BORKNAGAR. Eine Band, die mich seit dem eröffnenden Schrei von “Vintervredets Sjelesagn” auf dem gleichnamigen Debüt fasziniert hat, die aber – zumindest meiner Meinung nach, wenngleich ich da nicht alleine war – in den folgenden Jahren, insbesondere nach der Archaic Course, zunehmend ausgewimpt ist. Und dann kommt Urd, und ich bin restlos begeistert!! Daher freue ich mich ausnahmsweise mal darauf, bei einem Konzert vor allem das neueste Material zu hören. Wie schon eingangs erwähnt, ist dies die erste Tour der Band seit 15 Jahren, und so nebenbei auch noch das allererste Konzert der Tour. Wir haben es also mit einem fast historischen Moment zu tun! Die erste Überraschung (zumindest für mich) ist, daß da keineswegs Herr Vintersorg hinter dem Mic steht – es soll sich als Pål “Athera” Mathiesen von Susperia herausstellen. Die Band legt erst mal recht ruhig mit “The Genuine Pulse” und “Oceans Rise” lose, bevor sie mit dem ersten Urd-Kracher “Epochalypse” zeigen, daß sie nicht nur “back” sind, sondern vor allem “black”. Zugleich fällt aber mehr und mehr auf, daß Bassist/Sänger Simen “ICS Vortex” Hestnæs schlicht und einfach hackedicht ist, und teilweise sehr schräg singt. Der diesmalige Oskar für die beste Nebendarstellerin gebührt der zunächst halbvollen Jim Beam Flasche, die Vortex großteils auf der Bühne auskippt, indem er sie mehrmals umwirft – aber die erste Hälfte ist anscheinend zuvor erfolgreich seine Kehle runtergegluckert… Das geht dann so weit, daß er beim Refrain des zweiten Urd-Lieds “Frostrite” “Froooozen Laaaaandscapes [unverständlich] I’m sorry, I fucked it up!” singt. >-> Dies soll auch das letzte Lied von der neuen Scheibe sein, ansonsten beschränkt sich die Band auf Material ihrer Scheiben The Olden Domain, The Archaic Course (inklusive des genialen “Ad Noctum”), Quintessence und Empiricism. Die spätere Phase (Epic, Origin, Universal) wird komplett ausgelassen, leider aber auch das rohe Black Metal Debüt Borknagar. Zwischendrin kriegen wir auch noch ein ziemlich gelungenes Drum Solo des “Norwegian Animal” Baard Kolstad.
Alles in allem fand ich, daß es ein toller Auftritt mit ein paar kleinen Schnitzern war, wobei mich so wirklich nur die kurze Spielzeit (60 Minuten) und das völlige Fehlen einer Zugabe nervte. Kommt schon, ihr nennt diese Tour “The Winter Eclipse” und spielt nicht mal dieses fantastische Lied von der Urd? Oder einen Klassiker wie Dauden??
Jedoch will ich keineswegs verheimlichen, daß es auch ganz gegenteilige Meinungen gab. Nach dem Konzert redete ich mit ein paar Leuten (lassen wir sie unbenannt), die definitiv große Fans der Band sind (es fielen Worte wie “großartig” und “sie sind für mich etwas Magisches”), die diesen Auftritt aber in Grund und Boden redeten. “Völlig verhunzt”, “desillusioniert”, “schlechter als alle Vorbands”, “total unprofessionell”. Der Sänger kam auch nicht gut weg, denn er hat anscheinend (das hatte ich von meiner Warte aus nicht so wirklich mitbekommen) ständig die Texte von einem Blatt (bzw. Blattsammlung) ablesen müssen.
Ich habe mir danach mal Pål gekrallt und mit ihm ein kleines Interview geführt und ihm auch auf den Zahn gefühlt. Zuvorderst war ich daran interessiert, warum er gesungen hat und nicht Vintersorg. Krank oder so? Nein, es stellt sich heraus, daß Vintersorg in Sachen Familie und Job extrem festgenagelt ist – für Studioaktivitäten und hier und da einen Festivalbesuch reicht es, aber nicht für eine ausgedehntere Tour. Während des Auftritts hatte Simen gesagt, sie verdanken es Pål, daß sie überhaupt touren können, ohne ihn würden sie nicht hier auf der Bühne stehen. Und er hat nicht nur Vintersorg’s Position live übernommen, er war es gewesen, der ursprünglich die Band dazu gedrängt hatte, sich einen Live-Sänger zu suchen und endlich wieder zu touren – und sie haben sein “you could even go on tour with me!” dann recht wörtlich genommen. 😉 Mit dem Zustand von Simen war er offenbar auch nicht so zufrieden (“And he will especially notice it tomorrow morning!” – derweil war der Besagte in unserer Nähe wankend darniedergesunken…), verteidigte sich selbst jedoch (“I was not drunk, I stood up there and did my job!”). Und ich selbst möchte einwerfen, daß mir nicht aufgefallen ist, daß irgendeines der anderen Bandmitglieder besoffen war. Påls recht frivoles Gesamtauftreten mag da vielleicht zum Eindruck der Trunkenheit hinterm Mikro beigetragen haben. Bezüglich der Kürze der Spielzeit hieß es dann noch, nach vier Vorbands hatten sie das Publikum nicht zu sehr strapazieren wollen, ein Argument, das ich so nicht ganz akzeptiere, immerhin habe ich meine Kräfte für Borknagar aufgespart…
Nun denn, ich hatte auf jeden Fall meinen Spaß, auch dank des großartigen Shade Empire Auftritts. Hoffen wir mal, daß die Band im Laufe der Tour tighter und ernsthafter wird!
Und am Ende noch, für Interessenten, die Setlists der Bands, zumindest die drei, die ich ergattern konnte:
Shade Empire:
1. Ruins, 2. Blood Colours the White, 3. Dawnless Days, 4. Traveler of Unlight, 5. Adam & Eve, 6. Slitwrist Ecstacy, 7. Nomad
In Vain:
1. Against the Grain, 2. Det Rakner!, 3. October’s Monody, 4. Image of Time, 5. Floating on the Murmuring Tide
Borknagar:
1. The Genuine Pulse, 2. Oceans Rise, 3. Epochalypse, 4. Ruins of the Future, 5. Ad Noctum, 6. The Eye of Oden, 7. Drum Solo, 8. Frostrite, 9. Universal, 10. Embers (vom Band), 11. The Dawn of the End, 12. Colossus
Text: D. A. Kann