Weiter geht’s mit den ersten 7 Bands, welche auf dem Ragnarök am Freitag spielten.
14.20- 14.50 ABINCHOVA
15.00- 15.30 NOTHGARD
15.40- 16.10 HELLRIDE
16.20- 17.00 DARKEST ERA
17.10- 17.50 WINTERSTORM
18.00- 18.45 AVA INFERI
18.55- 19.40 DER WEG EINER FREIHEIT
Text: Astrid Benitsch
Fotos: Martin Dannehl
Auch am Freitag wird das Wetter nicht besser, zu den niedrigen Temperaturen gesellt sich auch noch ein unangenehmer Wind. Ungemütlich und kaum geeignet, um mit Bier und Grillfleisch im Campingstuhl zu liegen. So ist es auch kein Wunder, dass zu Beginn der Show eine ansehnliche Menge Besucher vor der Bühne versammelt hat.
Das kommt ABINCHOVA natürlich zu Gute.Immer die recht knapp bemessene Zeit im Nacken, starten die Schweizer gleich mit ‘Hörensagen’ durch und können mit folkigen Melodien und donnernden Gitarrenriffs punkten. Auch der gekonnte Einsatz von Flöte, Keyboard und weiblichen Klargesang weiß zu gefallen, somit hat die Band zu so früher Stunde ein dankbares und begeistertes Publikum vor sich. Wo andere Opener vor einer handvoll Leuten spielen müssen, können ABINCHOVA aus dem Vollen schöpfen. Dafür revanchiert man sich mit einer energiegeladenen Show und kann sich sicher sein, auf einigen Wunschzetteln ganz weit oben zu stehen. Gelungener Einstand!
Die im Anschluss spielenden NOTHGARD sind weitaus weniger folkig, dafür auf brachiale Gitarrenarbeit mit sage und schreibe drei Gitarren fixiert. Das nennt sich „Epic Melodic Death Metal“, klingt aber so, wie man sich Pagan Metal gemeinhin vorstellt: als passenden Soundtrack, um in Valhalla zünftige Gelage zu feiern, sich mit anderen Kriegern im Armdrücken zu messen und Walküren aufs Hinterteil zu klatschen. Zu Songs wie ‘Under the Serpent Sign’ kann man wunderbar schunkeln, ‘Ragnarök’ ist zu diesem Anlass schon fast Pflicht. Auch wenn die Stimmung im Vergleich zu Abinchova etwas abfällt, können die Deggendorfer doch einen soliden Auftritt abliefern.
Stichwort: Metal ohne Gitarren. Apocalyptica? Van Canto? Nein, HELLRIDE sind das Kontrastprogramm des diesjährigen Ragnarök. Kein Schlagzeug, dafür zwei Akkustikgitarren und viel Stimme. Funktioniert das? Wie so oft bei solchen Experimenten sind es die Coverversionen, die das Ganze interessant machen. ‘Heaven and Hell’ von Black Sabbath beispielsweise klingt sehr interessant, auch die Performance ist stimmig. Eigene Kompositionen wie zum Beispiel ‘Ride to Hell’ hingegen bringen so manchen Publikumsbesucher zum Grübeln. Abgesehen von den musikalischen Qualitäten, die HELLRIDE zweifelsohne besitzen-ist das Metal? Darüber hinweg gesehen ist die Stimme von Tommy Klossek eine wohltuende Abwechslung zu den doch recht guttural ausgeprägten üblichen Gesangstechniken.
Guttural? Auch bei DARKEST ERA wird klar gesungen, auch wenn die Iren ganz klar auf metallischen Pfaden wandeln. Mit ihrem Debüt “The Last Caress Of Light” haben sie 2011 einigen Staub aufwirbeln können. Auch wenn man über die zunehmende Zersplitterung von Genrebezeichnungen schmunzeln mag: „Celtic Metal“ passt in diesem Fall zum Sound der Band wie der sprichwörtliche Arsch auf den Eimer. Man mag entfernt an Thin Lizzy, aber natürlich an Primordial oder Cruachan denken, allerdings nicht, weil DARKEST ERA diese Bands kopieren, sondern einfach weil man die Einflüsse traditioneller irischer Musik wie bei den genannten Bands deutlich wahrnehmen kann. Dezente Anleihen an Bathory kann man ebenfalls nicht von der Hand weisen und runden den Eindruck angenehm ab. Mit Songs wie ‘On the Crest of Doom’ oder ‘The Morrigan’ kann man den Publikum ordentlich einheizen und unter Beweis stellen, dass Musik von der grünen Insel nicht zwangsläufig Flöten und Geigen beinhalten muss, um absolut authentisch zu klingen.
Einmal in Feierlaune, kann es gleich mit WINTERSTORM weitergehen. Im Bereich Power Metal gibt es im Gegensatz zu anderen Szenen, die Nachwuchsbands im Überfluss produzieren ein recht überschaubares Kontingent an neuen, hoffnungsvollen Kapellen. So konnten WINTERSTORM schon mit ihrem Erstlingswerk „A Coming Storm“ auf sich aufmerksam machen, um mit „Kings Will Fall“ endgültig restlos zu begeistern. Auch auf der Bühne kann der Fünfer überzeugen. Mitmach-Metal ist angesagt! Wie in diesem Genre üblich, prägen auch bei WINTERSTORM hymnische Männerchöre die Refrains. ‘The Stormsons’ kann bald jeder Mitsingen, ‘Winterhumppa’ von Debüt gibt es extra in der Black/Death Metalversion (Korpiklaani lassen grüßen) und ‘Into the Light’ kann mit mit einem 80er-Jahre-Stadionrock-Keyboard begeistern. Super Auftritt!
Ruhiger hingegen wird es dann mit AVA INFERI. Rune Eriksen dürfte vielen Metalfans noch unter dem Pseudonym Blasphemer der norwegischen Mayhem ein Begriff sein. Wie nicht anders zu erwarten ist, überzeugen die Songs mit Vielschichtigkeit und kompositorischer Raffinesse, stimmlich abgerundet durch den bezaubernden Gesang von Carmen Susana Simões. Bedeckt mit einem durchsichtigen Schleier, kann sie auch optisch überzeugen: mit beschwörenden Gesten oder entrückt tanzend verleiht sie dem Gothic Doom Metal der Band ein unverwechselbares Gesamtbild, das sich sehr von ähnlich ausgerichtet Kapellen unterscheidet. Darin mag auch ein kleiner Nachteil liegen: da das anspruchsvolle Material der Band kaum Ohrwurmcharakter aufweist, wird es vielen der Anwesenden schnell langweilig und die Spielzeit der Band wird zum Bierholen, Rauchen oder Ähnlichem genutzt.
Jetzt wird es endlich mal Zeit für eine Breitseite Black Metal, denkt sich der geneigte Hörer umd dem entsprechend ist es bei DER WEG EINER FREIHEIT proppenvoll bis auf die Tribüne. Auf der Tour mit Agrypnie und Heretoir hat sich bereits gezeigt, dass Nikita die Doppelbelastung Gitarre/Gesang bestens meistert. Auch heute erntet der Vierer wieder ordentlich Beifall, der alle Diskussionen um die Band, die fernab der Bühne in Internetforen und unter Youtube-Clips ausgetragen werden, verblassen lässt. Gerade das Instrumental ‘Nachtsam’ reißt die Zuschauer mit, ‘Zerfall’ und das abschließende ‘Neubeginn’ wissen ebenso zu begeistern.Wirklich gesprächig ist Nikita zwar immer noch nicht, aber eine Dreiviertelstunde Spielzeit kann man wahrlich besser nutzen, gerade wenn man mit Songlängen jenseits der Siebenminutengrenze aufwartet. Für geneigte Hörer hat die Band übrigens Instrumentalversionen der „Unstille“ Songs auf ihrer Homepage zum kostenlosen Download bereitgestellt. Eine sehr noble Geste, wenn man bedenkt dass es sich beim Album um das aktuelle Release handelt.