Metal Empire im From Hell
01.12.2012
Aspera Ad Astra
Gorath
Agrypnie
Konzertbericht von Astrid Benitsch
Das Jahr neigt sich seinem Ende zu, elf Monate mit großartigen Konzerten und Festivals ließen kaum einen metallischen Herzenswunsch unerfüllt. Thüringen hat neben den längst über deutsche Grenzen hinaus bekannten Party.San auch einige kleine aber feine Festivals und rege Konzertaktivitäten hauptsächlich in Erfurt und Jena zu bieten. Für Liebhaber progressiver schwarzmetallischer Töne gab es am 1. Dezember noch einmal einen besonderen Leckerbissen: AGRYPNIE spielen den letzten Gig in diesem Jahr, die Belgier GORATH gar den letzten Auftritt in Deutschland vor ihrer Auflösung. Unterstützung erhalten sie von den Erfurtern ASPERA AD ASTRA, die sich dem melodischen Black Metal verschrieben haben.
Pünktlich zum Wochenende sorgt ein Kälteeinbruch für frostige Temperaturen, das FROM HELL gleicht eher dem Reich der Göttin Hel als der heißen biblischen Hölle. Mit steigender Besucherzahl wird es auch etwas wärmer, für einen Satz heiße Ohren sind allerdings ASPERA AD ASTRA zuständig. Die Erfurter durften schon mit Eisregen und XIV Dark Centuries spielen, hatten aber dabei etwas Pech: bei Eisregen befand sich ein großer Teil der potentiellen Zuhörer noch vor der Tür, bei XIV Dark Centuries fiel man einfach thematisch aus dem Rahmen. Heute jedoch stehen die Vorzeichen gut, genug interessierte Besucher sind pünktlich zu Showbeginn vor der Bühne vorhanden. Nach kurzem Intro legt man mit „Erwachen“ los, und schon kurze Zeit später hat man zustimmend mitnickende Köpfe vor sich. Das Fehlen eines Bassisten macht sich soundtechnisch natürlich etwas bemerkbar, ist aber nicht wirklich störend. Der Keyboardeinsatz ist bis auf wenige Stellen recht dezent, man hat mehr Wert auf die Gitarrenarbeit gelegt. Dazwischen gibt es lockere, humorvolle Ansagen, und so spielt man sich in einer Dreiviertelstunde durch ein Set eigener Songs wie „Eremit“, „Winter in Thuringia“ und F 10.4 (stand bei der Namensgebung Agrypnie Pate?) und covert als Zugabe noch „From Whom The Bell Tolls“ von Metallica. Schade nur, dass die EP „Lebenszeichen“ noch nicht fertig ist, man hätte sicherlich einige Käufer dafür gefunden.
Denkt man an belgischen Black Metal, kommen einen wohl als erstes Enthroned in den Sinn. Nicht weniger fleißig sind GORATH um Bandkopf Filip Dupont, allerdings hat man im Gegensatz zu ihren Landsmännern eine wesentlich experiementierfreudigere, wenn auch nicht weniger aggressive Ausrichtung gewählt. Seit 2002 hat man fünf Alben veröffentlicht die alle gute bis sehr gute Kritiken bekamen. Kürzlich hat man erst „The Chronicles of Khiliasmos“ veröffentlicht, welche auch die letze Veröffentlichung der Band vor der Trennung ist. Zudem kommt man heute in den Genuß des letzten Auftrittes der Band in Deutschland. Dementsprechend motiviert zeigen sich Filip und seine Mitstreiter, in blaues Licht getaucht, starten man nach einem obligatorisch sphärischen Intro mit „Before the Throne of the Demiurge“. Schon der fast zehnminütige Opener zeigt den Facettenreichtum der Belgier: Ruhige, atmosphärische Parts paaren sich mit Blastbeatattacken, und gerade die langsamen, sehr an ältere Satyricon erinnernden Riffs laden zum Headbangen ein. Mit „Seven Seals“ bringt man gleich noch einen zweiten Song vom unglaublich starken Album „Apokálypsis – Unveiling the Age that is not to come“. Musikalische Hausmannskost in radiotauglicher Länge steht am heutigen Abend sowieso nicht auf der Karte, und so schaffen es auch GORATH das Publikum zu begeistern, auch wenn sich ein Großteil der Zuschauer ein Stück von der Bühne zurückgezogen hat. Aktionstechnisch gibt’s nicht zu meckern, auch wenn man die Ansagen auf ein Minimum reduziert und lieber die Musik sprechen lässt. Auch das neue Werk „The Chronicles Of Khiliasmos“ ist mit einem Song vertreten. Eine Coverversion von Venoms „Black Metal“ rundet die Show ab, und so kann man nach einer guten Stunde Spielzeit zufrieden die Bühne verlassen. GORATH verschwinden also nicht sang- und klanglos, sondern hinterlassen ein würdiges Abschiedsalbum und haben hoffentlich noch einige Zuschauer überzeugt, sich näher mit ihrem Schaffen zu befassen.
Für AGRYPNIE ist der heutige Auftritt das letzte Konzert eines ereignisreichen Jahres: nach einer Tour mit The Vision Bleak und Helrunar im Frühjahr war man unter anderem auf dem Summer Breeze und dem Wolfszeit Festival zu sehen, außerdem hat man im September endlich die Aufnahmen zu „Aetas Cineris“ abschließen können. Beachtliche Leistungen, wenn man bedenkt, dass Frontmann Torsten und Keyboarder Flange auch bei Nocte Obducta alle Hände voll zu tun und David und Matthias mit Heretoir auch ein eigenes Projekt am Laufen haben.
Leider ist das FROM HELL nur mäßig gefüllt, eigentlich hätte man wesentlich mehr Fans an diesem Abend erwarten können. Allerdings drängt man sich schon beim Soundcheck vor der Bühne, und als die ersten Klänge von „Figur 109-3“ ertönen, ist es trotz reichlich vorhandenem Platz eng vor der Bühne. Und sogleich wird auch klar: Heute braucht man keine Aufwärmphase, es geht sofort in die Vollen. Schon bei „Der tote Trakt“ wird gebangt was das Zeug hält, manch einer brüllt die Texte mit, Fäuste werden in die Luft gestreckt. Auch „Augenblick“, Morgen“ und Zivilisation“ werden frenetisch bejubelt. AGRYPNIE sind live eine Macht, was nicht zuletzt dem sympathischen Frontmann Torsten zu verdanken ist. Man kann ihnen sogar das vergessene Merchandise mit einem Augenzwinkern verzeihen.
Die Mainzer zählen momentan sowieso zur Speersitze der avantgardistisch angehauchten Black Metal Szene in Deutschland, mit dem kommenden Album „Aetas Cineris“ wird man diesen Status noch weiter festigen können. Nicht nur musikalisch ist man über alle Zweifel erhaben, auch die Texte berühren viele Fans in der Seele. So ist es auch kein Wunder, dass man AGRYPNIE auch nach zwei weiteren Songs und einer Zugabe gar nicht von der Bühne lassen will. Mit Jubel und Zurufen dürfen sich die Gäste aussuchen, welcher Song noch einmal gespielt werden soll. „Augenblick“ macht das Rennen und wird ein zweites Mal abgefeiert, dann verlässt man endgültig die Bühne. Im Anschluss wird noch mit den Fans gefeiert und getrunken, und manch einer lässt sich aus Mangel an Alternativen eine Setlist signieren. So sieht ein gelungener Jahresabschluss aus!Wer dieses Event verpasst hat, sollte drei Dinge tun:
1. Sich mindestens 14 Tage lang in den Allerwertesten beißen.
2. Sich den 22. Februar im Kalender anstreichen und auf „Aetas Cineris“ warten.
3. Auf Agrypnies Homepage schauen und unbedingt eine der „Aetas Cineris“ Headlinershows besuchen.